„Kämpferinnen mit unterschiedlichen Mitteln“
Erding, 31. Oktober - In ihrem Programm „Female“ über Ikonen der weiblichen Musikgeschichte bieten Stefanie Boltz und ihre Band ein breites Spektrum an unterschiedlichen Stilen. Welche genau und warum es immer noch einen Unterschied macht, ob Männer oder Frauen auf der Bühne stehen, erklärt die Sängerin aus München im Interview.
Frau Boltz, welche Zeitspanne umfasst die Musik in Ihrem Konzert?
Stefanie Boltz: Die Frauen und ihre Musik kommen aus 1000 Jahren Musikgeschichte: Das beginnt im Mittelalter mit Hildegard von Bingen, geht über die Klassik mit Fanny Hensel oder Alma Mahler und die Pionierinnen des Blues im Harlem der 1910er/-20er Jahre und endet bei Singer/Songwriter-Ikonen wie Joni Mitchell oder dem Art Pop von Kate Bush. Der rote Faden ist unsere Besetzung der Band.
Wie ist die Auswahl zustande gekommen?
Stefanie Boltz: Das ist sozusagen (m)ein musikalischer Frauensalon, weil ich die Frauen ausgewählt und zusammengeführt habe.
Was haben zum Beispiel Alma Mahler und Kate Bush gemeinsam?
Stefanie Boltz: Der Vergleich ist ganz spannend: Beide haben vielschichtige Persönlichkeiten mit einem ausgeprägten Willen. Beide sind Kämpferinnen für ihre Unabhängigkeit und ihre Sache, jedoch mit sehr unterschiedlichen Mitteln. Exzentrische Inszenierungen sieht man bei Kate Bush ausschließlich in ihrer künstlerischen Rolle. Privat sei sie eher introvertiert und zurückgezogen, heißt es. Alma Mahler war eine Meisterin der Selbstinszenierung, erntete Bewunderung und Kritik und wird bis heute diskutiert.
Warum treten Musikerinnen nicht so sehr in Erscheinung wie Ihre männlichen Kollegen?
Stefanie Boltz: Das liegt an der bekannten Kombination aus strukturellen Ungleichheiten, Erwartungen oder Stereotypen und Vorurteilen, denen Frauen eben auch in der Musikbranche immer noch begegnen. Musikerinnen werden oft in traditionelle Rollen gedrängt, was ihre musikalische Entwicklung einschränkt. Sicher spielen auch die Arbeitsbedingungen eine Rolle.
Stefanie Boltz
Lange Arbeitszeiten und häufiges Reisen können für Frauen mit familiären Verpflichtungen herausfordernd sein. Zudem herrscht ein gewisses Maß an Sexismus und Diskriminierung, dem man entgegentreten muss. Gerade wenn eine Musikerin jünger ist, kann das Karrierechancen beeinträchtigen.
Welche Strukturen müssen sich ändern?
Stefanie Boltz: Es fehlen weibliche Vorbilder, wobei es seit einigen Jahren etliche Bemühungen und Initiativen gibt, die das Bild der Branche sichtbar ändern. Nach und nach entstehen Netzwerke, die Frauen helfen, sich zu etablieren. Es gibt den Gender Pay Gap: Auch in der Musikbranche verdienen Frauen oft weniger als Männer für vergleichbare Arbeit. Zudem sind Frauen in den Chefetagen großer
Musikunternehmen unterrepräsentiert.
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Interview: Christian Wanninger
Stefanie Boltz (Gesang), Christian Wegscheider (Piano) und Christoph Auer (Saxophon) kommen am Sonntag, 9. November, um 11 Uhr zur Matinee in die Kreismusikschule. Karten kosten 15 Euro und sind im Vorverkauf unter www.stadthalle-erding.de erhältlich.